Fotovers-Andacht: „Beeilen sollen sie sich und mit dem Klagen beginnen, dass unsere Augen schwimmen und die Tränen fließen.“ (Jeremia 9,17)

Was war passiert? Was bringt Jeremia hier so aus der Fassung, dass er sich am liebsten die Augen ausheulen möchte?

Es geht hier nicht, wie man vielleicht meinen könnte, um persönliche Not oder ein schweres Schicksal, das alleine Jeremia betrifft. Auch äußere Umstände wie zum Beispiel eine scharfe Zwiebel, die ihn zum Weinen bringt, obwohl er vielleicht gar nicht traurig ist, sind hier nicht das Thema. Es geht um das Gericht Gottes über sein Volk. Dieses geht Jeremia so zu Herzen, dass die Not der Israeliten auch zu seiner persönlichen Not wird.

Lang und breit erklärt er zuvor, was das Problem des Volkes Israel ist. Um das zu illustrieren, verwendet er sehr eindrückliche Bilder: Eine fremdgehende Ehefrau, ja sogar eine Hure sei das Volk Israel. Es kenne keine Treue und steige jedem Mann hinterher (s. Jeremia 3,1-9). So versucht er zu beschreiben, wie tief das Volk Israel gesunken ist. Es ist nicht fähig, Gott treu zu sein. Im Gegenteil: Es ist sogar noch stolz darauf, möglichst viele andere Götter zu haben. Denn dafür steht letztendlich der Vergleich mit der untreuen Ehefrau.

So schockierend dieser Gedanke auch sein mag: Jeremia macht verzweifelt deutlich, in welche Gefahr sich Gottes auserwähltes Volk durch dieses Verhalten begibt. Er sieht ganz deutlich, dass die Entscheidung des Volkes Israel nicht ohne Konsequenzen bleiben wird. Gott überlässt sein Volk nicht kampflos den fremden Göttern. Er wird versuchen, es zurückzugewinnen – auch wenn er dafür Gericht üben muss.

Doch zunächst versucht Gott, sein Volk mit Argumenten zu überzeugen. So wird in Kapitel 10 sehr detailliert der Prozess erklärt, mit dem andere Völker sich ihre Götter im wahrsten Sinne des Wortes zusammenschnitzen und mit Hammer und Nagel festmachen müssen, damit sie nicht umfallen (s. Jeremia 10,4). Vor diesem Hintergrund ist das Verhalten des Volkes für Jeremia nicht nachvollziehbar. Wollen sie wirklich an diese „Vogelscheuchen“ (Jer. 10,5; NeÜ) glauben?

Wie groß und wie anders ist da doch der lebendige Gott! Ihn kann Jeremia nur so beschreiben: „Niemand ist wie du, Jahwe! Du bist groß und bekannt für deine Macht. Wer wollte dich nicht fürchten, du König aller Völker! Darauf hast du ein Recht! Denn unter allen Weisen dieser Welt, in keinem ihrer Reiche ist jemand dir gleich.“ (Jer. 10, 6-7, NeÜ)

Diese krasse Gegenüberstellung bringt auch mich zum Nachdenken: Ist mir eigentlich klar, an wen ich glaube? Ist mir die Größe und Einzigartigkeit Gottes tatsächlich bewusst? Diese Fragen sind sehr herausfordernd und nicht mit einem Mal beantwortet. Im Gegenteil: Ich muss sie mir immer wieder stellen.

Die einzige Möglichkeit, zuverlässige Antworten zu finden, ist dabei das Lesen der Bibel. In ihr wird beschrieben, wie Gott wirklich ist. Dadurch kann ich mich immer wieder korrigieren lassen, wenn ich in der Gefahr stehe, mir mein eigenes Gottesbild zurecht zu zimmern. Und das Interessante dabei ist: Ich werde immer wieder neue Facetten Gottes entdecken. Es mag sein, dass ich dabei erlebe, wie sehr mein bisheriges Gottesbild ins Wanken gerät. Das kann mich traurig und betroffen machen. Doch die Trauer, die ich dann empfinde ist heilsam und gut, weil sie mich näher zu Gott führt*.

* Mehr dazu in folgender Andacht: „Denn der Schmerz, wie Gott ihn haben will, ruft eine Reue hervor, die niemand je bereut; denn sie führt zur ewigen Rettung.“ (2.Korinther 7,10)

Zu dieser Andacht passen folgende Artikel